Allan Posener von "der Welt":
"Vor einigen Wochen hatte ich die Ehre, an der jährlichen Konferenz des AIPAC, in Waschington DC. teilzunehmen. AIPAC, das American Israel Public Affairs Community, ist besser bekannt als die Israel Lobby. Sie wissen schon, die Leute, die dafür sorgen, dass die USA, statt wie sie es eigentlich müssten, jedem Diktator an den Hintern zu kriechen, die eine Ölquelle sein Eigen nennt, Israel unterstützen. Einen winzigen Staat ohne einen Tropfen Öl, und auch sonst ohne eine strategische Bedeutung.Völlig einverstanden!
An der Freundschaft zu Israel festzuhalten, den alle Dikatoten und Möchtegern-Diktatoren in der Gegend verabscheuen, ist ungefähr so klug, wie in der Schule an der Freudschaft zum kleinen Jungen festzuhalten, den all die großen Jungs in der Klasse mobben. Darauf haben neulich die Politikwissentschaftler und -Theoretiker der sogenannten realistischen Schule der amerikanischen Außenpolitik, John Milsheimer und Steven Wald hingewiesen. Die als einzige Erklärung für dieses Verhalten, den Einfluss eben jene Israel-Lobby anführen konnten, deren Gast ich war. Und als wollten Sie dieser Verschwörungstheorie neue Nahrung geben, fanden sich die Stars der Washingtoner Szene ein, und den 7.000 Deligierten des AIPAC ihre Referenz zu erweisen. Dick Chaney, Hillary Clinton, Obama, die Führer der Demokraten und der Republikaner im Senat und Repräsentantenhaus und mit ihnen, [...] alle Abgeordneten. Da saß ich nun. Und anstatt über die Frage nachzudenken, ob nun Milsheimer und Wald recht haben und wo eigentlich die laut Michael Moore angeblich allmächtige Öllobby geblieben war, konnte ich nur seufzen: "Mann, ich wünschte wir hätten so etwas in Deutschland".
Denn es ist eine traurige Tatsache, dass Israel in Deutschland keine Lobby hat. Neulich zum Beispiel, reiste die deutsche Bischofskonferenz ins Heilige Land. Nach dem obligatorischen Besuch in den Holocaust-Gedänkstätte, musste es wieder einmal raus, und einige der teilnehmenden Bischöfe verglichen prompt Israels Sicherheitsmauer mit der Mauer ums Warschauer Ghetto, und damit den Staat Israel mit dem Staat Hitlers.
Das Schweigen des offiziellen Berlin war ohrenbetäubend. Die einzige Proteststimme war die des israelischen Botschafters, Simon Stein. Und warum? Weil die Katoliken eine mächtige Lobby darstellen, die Freunde Israels aber nicht. Sprechen Sie einmal mit einem Abgeordneten der CSU. Und er wird Ihnen, unter der Bedingung, dass er nicht zitiert wird, erzählen, dass daheim im Wahlkreis die Menschen sie fragen, wie lange Deutschland eigentlich noch zu Israel halten soll? Was uns doch nur zum Ziel für Theoristen mache. Und reden Sie dann mit einem Abgeordneten der Grünen, und sie wird Ihen das Gleiche erzählen. Man muss ja der politischen Klasse Deutschlands bei aller Kritik doch immerhin Mut bescheinigen, dass sie über Parteigrenzen hinweg, dennoch an der Unterstützung Israels festhält. Dafür werden aber immer historische Gründe angeführt. Die in einem Wort zusammengefasst werden können: Auschwitz.
Und zu recht, natürlich.
Aber richtig ist auch, dass eine politische Haltung, die auf eine Lehre der Geschichte beruht, oder vulgär gesprochen auf einen schlechten Gewissen, nicht von Dauer sein wird; siehe die mittlerweile verpuffte Freundschaft zu Amerika.
Je mehr eine unpopuläre Pflicht, nämlich die Solidarität mit Israel mit einer anderen unpopulären Pflicht, nämlich der Erinnerung an die Schora verknüpft wird, desto unpopulärer werden beide Pflichtigungen. Mahmud Ahmadinedschad ist vielleicht nicht der intellektuellste Typ, den man sich vorstellen kann, aber das immer hin, hat auch er sich ausgerechnet. Während er also daran arbeitet, die atomaren Mittel für einen neuen Holocaust zusammenzubekommen, hält er die deutsche Öffentlichkeit mit der Frage beschäftigt, ob es sich den letzten Holocaust wirklich gegeben hat, und wenn ja, ob das schon Grund genug ist, das "zionistische Gebilde" zu unterstützen, das er von der Landkarte wischen will.
Und in der Tat haben mehr Deutsche Angst von amerikanischen Abwehrraketen, die sie von iranischen Atomraketen schützen sollen, als vor diesen Atombomben selbst. Geschweige denn, dass deutsche Antifaschisten auf die Straße gehen würden mit der Parole unseres ehemaligen Außenministers, Joschka Fischer, es gelte ein zweites Auschwitz zu vermeiden, und Präsident Bush aufzufordern, endlich Irans Bombenfabriken zu bombardieren. Israels Lobby in Deutschland besteht aus 6 Millionen toten Juden. Das ist kein Ersatz für 6 Tausend lebende Aktivisten. Aktivisten, die uns daran erinnern sollten, dass Solidarität mit Israel nicht ein Stück deutscher Vergangenheitsbewältigung ist sondern eine Investition in die europäische Zukunft. Sehen Beirut und Damaskus, Kairo und Ghaza eines Tages aus wie Tel Aviv, ist Europas Freiheit sicher. Sieht Tel Aviv aus, wie Teheran, oder gar Hiroshima, dann kaufen Sie Ihrer Frau schon einmal eine Burqa, und melden Sie Ihr Kind zur Koranschule an..."
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